26.08.2020

Algarve/Portugal – Geheimnisvolle Grottenwelten

Die Felsküste im Süden Portugals besticht durch ihre mysteriösen Höhlenlandschaften. Bei abenteuerlichen Bootsfahrten können Urlauber unterirdischen Geheimnissen auf den Grund gehen.

Vor einer zerklüfteten Klippe schaukelt ein buntes Fischerboot. Es wartet auf die perfekte Welle. Erst wenn sich genug Meerwasser aufgetürmt hat, senkt sich die Wasseroberfläche danach für wenige Sekunden so weit, dass eine winzige Höhlenöffnung entsteht. „Kopf einziehen!“ brüllt der Kapitän und lässt das kleine Holzboot im Sog der Welle in die Felswand gleiten.

Unterwegs mit einem erfahrenen Kapitän

Bis auf den gleißenden Lichtkegel, der durch den schmalen Steinspalt dringt, ist es drinnen stockdunkel. Das Wasser unterm Kiel glitzert in mystischem Grün und lässt die tropfende Höhlendecke funkeln, als sei sie mit Smaragden besetzt. Eine Urlauberin spricht aus was alle denken: „Wie kommen wir hier bloß wieder raus?“ „Sem problema“, beruhigt David Lamy am Ruder. Seit Jahrzehnten steuert der ehemalige Fischer aus Armação de Pêra mit seinem kleinen Boot „Universus“ Touristen sicher durch die engsten Höhleneingänge. Doch gibt er zu: „Die große Schwierigkeit ist, dass man den Wellengang in den Grotten nicht sehen kann. Wenn man nicht aufpasst, kann es schon vorkommen, dass man mal anstößt.“

Nur bei Ebbe kommen kleine Boote in die Grotten

Früher konnte man die Fischer, die am Praia Dos Pescadores ihre Netze flicken, einfach nach Höhlentouren fragen. Das ist jetzt nicht mehr erlaubt. „Seit einem schweren Bootsunfall bei Faro vor einigen Jahren müssen alle Anbieter von Grottenfahren rechtmäßig angemeldet und versichert sein“, erklärt Kapitän Claudio Sousa vom Ausflugsbootveranstalter Algar Experience. Mehrstöckige Touristenboote, Katamarane und überdachte Yachten können oft nur bis vor die Höhleneingänge fahren. Daher lohnt es sich, nach kleinen, manövrierfähigen Booten Ausschau zu halten und vorher zu fragen, wann Gezeiten, Wetter und Uhrzeiten optimalen Grottenzugang bei idealen Sichtverhältnissen zulassen.

Traumkulisse für Hochzeiten

Eine der schönsten Grotten ist von dem Fischerdörfchen Benagil aus auch mit dem Kajak, Tretboot oder Paddleboard zu erreichen. Ein paar Mutige schwimmen sogar vom Dorfstrand hinüber, doch davon rät Steuermann Sousa dringend ab. „Bei den starken Strömungen und dem regen Bootsverkehr ist das sehr gefährlich“, warnt er. Ein Geheimtipp für Frühaufsteher ist der Traumstrand im Inneren der Höhle, der bei Sonnenaufgang meist menschenleer ist. Wer dort unter dem Millionen Jahre alten mächtigen Steingewölbe im Sand liegt und durch das Loch in der Decke in den Morgenhimmel schaut, muss nicht mehr fragen, warum die Grotte von den Einheimischen „Catedral“ genannt wird. Am stimmungsvollsten ist der Effekt zwischen 11 und 14 Uhr, wenn die Sonne fast senkrecht über der Felsöffnung steht, die Naturkathedrale in orangefarbenes Licht taucht und ein kreisrundes Spotlight auf den Sand zaubert. Kein Wunder, dass der steinerne Dom auch gern für Hochzeiten genutzt wird.

Wo sich einst Schmuggler und Piraten versteckten und Nixen singen

In der „Gruta do Capitão“ ein paar Meilen weiter östlich scheint das Tageslicht gleich durch zwei Öffnungen auf den Strand. Die verborgene Grotte, die nur bei Ebbe und niedrigem Wellengang mit kleinen Booten zugänglich ist, diente im 12. Jahrhundert Schmugglern und Piraten als Versteck. Manche der kleinen Strände in den Höhlen und Felsbuchten stehen bei Flut komplett unter Wasser. Wer sich hier mit dem Boot absetzen lässt, sollte immer die Uhr im Blick haben. In der tiefsten Höhle der Algarve, 70 Meter unter dem Leuchtturm von Alfanzina, soll der Gesang einer Meerjungfrau zu hören sein. Der Legende nach wurden auf diese Weise bereits zahlreiche Boote in die Grotte gelockt, wo sie an den Felswänden zerschellten.

Ein Ausflug in die Erdgeschichte

Die furchige Karstlandschaft mit ihren deutlich erkennbaren geologischen Schichten entstand vor rund 24 bis 16 Millionen Jahren, als das Schmelzwasser der Eiszeiten Ablagerungen hinterließ. „Die Geschwindigkeit des Schmelzwassers bestimmte die Härte der jeweiligen Gesteinsschicht“, erläutert einer der erfahrensten portugiesischen Grottenführer, Christopher Shean. „Wo harte über sehr weichen Sedimenten lagen, brachen die weichen ein, und es entstanden Grotten. Eine ähnliche Höhlenlandschaft gibt es nur noch in Südaustralien.“ Zwischen Faro und Albufeira besteht die Küste noch vornehmlich aus langen, flachen Sandstränden, vorgelagerten Sandbänken und Kalk- sowie Sandsteinklippen, die wegen ihres Eisenoxidgehalts knallrot leuchten. Erst westlich von Sao Rafael beginnt die eigentliche Felsalgarve – zunächst mit nur einer weichen Gesteinsschicht; ein paar Kilometer weiter schon mit drei bis vier. Die schönsten Grotten liegen daher zwischen Armação de Pêra und Lagos.

Vom Altstadtbummel direkt in die Höhle

Mit seinem historischen Fort, den blau blühenden Jacaranda-Bäumen und dem ehemaligen Sklavenmarkt gilt Lagos als eine der schönsten Hafenstädte an der Algarve. Vor allem in der Altstadt sind viele Häuserfassaden mit den typisch portugiesischen Kacheln, den Azulejos, verkleidet. Auf dem Boden sind die charakteristischen Pflastersteine, die Calçadas, zu kunstvollen Mustern verlegt. Die Grottenwelt vor Lagos, die Ponta da Piedade, ist über eine Treppe sogar zu Fuß erreichbar. Weiter östlich in Carvoieiro führt ein hölzerner Boardwalk über die Felsen, so dass auch Spaziergänger einen kleinen Eindruck von den vorgelagerten Felsformationen bekommen. Auf den Klippen, ganz in der Nähe des hübschen Fischerstädtchens mit seinen alten Markthallen und hervorragenden Restaurants, hatte Udo Jürgens jahrzehntelang ein Ferienhaus.

Ein Popstar entdeckte die Schönheit der Algarve

Der britische Popstar Cliff Richard war einer der ersten, die Anfang der 60er Jahre die Schönheit der Algarve entdeckten. Die Straße in der heutigen Touristenhochburg Albufeira, wo damals seine erste Ferienwohnung lag, ist mittlerweile nach ihm benannt. Der westliche Teil der Stadt mit dem weißen Friedhof und den verwinkelten Gassen hat bis heute den rustikalen Charme einer portugiesischen Kleinstadt behalten. Von der Promenade und den Terrassen der Restaurants, die über den Stadtstrand gebaut sind, hat man einen wunderbaren Ausblick über die Bucht von Albufeira mit ihren farbenprächtigen Sonnenuntergängen. Die Stadtteile östlich der Fußgängerzone mit ihren lauten Bars und Leuchtreklamen ist eher etwas für Ballermann-Fans. Auch die zugebaute Küste von Armação de Pêra wirkt wenig einladend. Cliff Richard ist daher längst ins Hinterland gezogen, wo er rund um sein altes Bauernhaus seinen eigenen Wein „Vida Nova“ anbaut. In der nahegelegen Kelterei „Adega do Cantor“ mit Produktionsanlage, Weinkeller und Shop werden Führungen und Verkostungen angeboten. Gelegentlich, vor allem im Sommer, schaut der Popstar auch selbst dort vorbei.

Schlemmen und genießen in schmucken Bergdörfern

Ein Stück weiter im Inland liegt das Bergdorf Monchique, das für seine Thermalbäder „Caldas de Monchique“ und für die Aussicht vom 902 Meter hohen Berg Fóia über die Serra de Monchique bekannt ist. In der Region werden Olivenöl, lokale Schinken und Würste sowie die Schnapsspezialität Medronho hergestellt. Wer nicht ganz so weit fahren möchte, trifft aber auch abseits der N 125 auf kleine Dörfchen mit hübschen Töpfereien, gekachelten Häusern und bemalten Holztüren, vor denen die Bewohner auf morschen Bänken sitzen. Aus manchen Häusern klingt traurige Fado-Musik, die den melancholischen Nationalgeist des Landes wiederspiegelt. Der Ort Guia, etwa zehn Kilometer nördlich von Albufeira, ist als Hauptstadt des „Frango Piri-Piri“ bekannt. Hier reihen sich einfache Restaurants aneinander, die täglich Unmengen an Hähnchen vom Holzkohlegrill mit scharfer Piri-Piri-Marinade servieren. Als Dessert ist neben kleinen Pudding-Törtchen, Karamellspeisen und Marzipankuchen vor allem die Tarte de Natas zu empfehlen, ein Kuchen, der hauptsächlich aus Sahne und Kondensmilch besteht.

Fischgerichte prägen die Speisekarten an der Küste

An der Küste isst man Cataplana, einen schmackhaften Eintopf mit Fisch, Fleisch und Meeresfrüchten. Das Gericht ist nach dem Kupfertopf benannt, in dem es zubereitet wird und auf den Tisch kommt. Stockfisch, der so genannte Bacalhau, ist das portugiesische Nationalgericht, aber auch Schwertfisch, Garnelen und Gambas stehen auf fast jeder Speisekarte. In den Fischrestaurants rund um die Felsgrotten sollte man vor der Bestellung unbedingt nach Art und Preis des Tagesfangs fragen, damit nicht versehentlich ein sündhaft teurer Fisch auf dem Teller landet. So kann man dann im Schein der Fackeln entspannt am Strand sitzen und genießen, was Angler nur wenige Stunden zuvor aus dem Meer gezogen haben.

Im Mondlicht regen die Felsformationen die Fantasie an

Bei Mondlicht und einem Glas portugiesischem Rotwein nehmen die Felsen bisweilen bizarre Formen an: Plötzlich sieht man eine Landzunge, die aussieht wie ein Krokodil, auf einem Felsplateau thront ein steinerner Löwe, und bei Ebbe taucht ein U-Boot aus den Wellen auf. Besonders imposant wirken zwei Steinarkaden am Praia da Marinha, die aussehen als würde ein Elefant seinen Rüssel ins Meer hängen. Um ihn herum ragen freistehende Steintürme wie Pilze aus dem Wasser. Vor der als „Paris Cave“ bekannten Höhle erhebt sich prekär ein Felsentor, das dem Pariser Triumphbogen ähnelt und auch an das ‚Blaue Fenster‘ erinnert, das Wahrzeichen der maltesischen Insel Gozo, das 2017 während eines Sturms einstürzte. „Jetzt gibt es das nur noch in Portugal“, schmunzelt Christopher Shean. Wie lange noch, ist allerdings fraglich, denn Wind und Wasser nagen weiter an der Steinwelt der Algarve und lassen dabei immer wieder neue geheimnisvolle Gebilde entstehen.

Reise-Info – Der Atlantik formt die Algarve

Lage: Die Felsalgarve erstreckt sich entlang der Südküste Portugals von Sagres bis Albufeira. Die schönsten Felsgrotten liegen zwischen Lagos und Armação de Pêra.

Flüge: Von Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München direkt an die Algarve (Faro). Preise zwischen 49 und 198 Euro.

Erlebnisse: Bootsfahrt durch die Grottenwelt der Algarve (Algar Experience, www.algarexperience.com); Tretboot- oder Kayakfahrt in die Grotte von Benagil (Kajakverleih am Strand von Benagil); Besichtigung der Felsskulpturen im Meer zwischen Armação de Pêra und Lagos, zum Beispiel vom Strand Praia da Marinha aus.

Preisbeispiel: Tivoli Marina Portimao Algarve Resort, moderne Hotelanlage im Yachthafen von Portimao, Urlauber entdecken mit dem inkludierten Mietwagen die Felsalgarve und das Hinterland. 1 Woche Flugreise, DZ/ÜF mit Mietwagen ab 730 Euro, Reisezeit November 2020.

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